Der Selbstmörderfriedhof im Grunewald

Nicht weit vom Grunewaldturm und der Halbinsel Schilddorn entfernt liegt der Selbstmörderfriedhof, ein schaurig schönes Ausflugsziel. „Selbstmörderfriedhof“ oder „Friedhof der Namenlosen“ wurde der Friedhof genannt, weil hier Selbstmörder ihre letzte Ruhestätte fanden, die im 19. Jahrhundert nicht auf kirchlichen Friedhöfen beerdigt werden durften. Selbstmord galt damals als Todsünde. An der Halbinsel Schildhorn wurden seinerzeit hin und wieder Wasserleichen angeschwemmt, die den Oberförster vor das Problem der „Entsorgung“ stellten. Der offizielle Name des Friedhofs lautet „Friedhof Grunewald Forst“.

Die Möglichkeit, hier Selbstmörder zu beerdigen, sprach sich schnell herum. Die älteste bekannte Eintragung berichtet von der Beerdigung eines 22jährigen Schlossergesellen am 22. Januar 1900. Dienstmädchen, die von ihren Dienstherren geschwängert wurden und keinen anderen Ausweg sahen, als sich umzubringen, aber auch viele andere Schicksale brachten Menschen dazu, sich das Leben zu nehmen. Hier konnten sie einigermaßen würdig beerdigt werden. Mehrere Jahrzehnte lang war der Selbstmörderfriedhof in Berlin deutschlandweit die einzige Stelle, die diese Gelegenheit bot. Erst 1920 wurde das Monopol kirchlicher Bestattungen aufgehoben und es gab dann auch städtische Friedhöfe. Manche Selbstmörder wählten dann auch einen Ort nahe des Friedhofs für ihren Tod, um den Hinterbliebenen Probleme mit der Beerdigung zu ersparen.

Ende 1928 wurde der Friedhof mit einer Mauer abgegrenzt und gepflegt. So wurde das knapp 5000qm große Gelände auch als Grabstätte für Nichtselbstmörder attraktiv gemacht.

Der Oberförster Willi Schulz, der damals den Selbstmörder Friedhof anlegte, hat heute dort ein Ehrengrab. Offensichtlich wurde er nur 47 Jahre alt. Die Todesursache ist nicht bekannt. Auf dem Grabstein steht lapidar „Jagd vorbei!“

5 russische Holzkreuze mit kyrillischen Inschriften erinnern an den Tod von fünf zarentreuen Russen, die sich 1917 nach einer Niederlage das Leben nahmen. Die Kreuze sind offensichtlich restauriert worden, was ihnen etwas Authentizität raubt.

Eine Ecke des Friedhofs ist unbekannten Kriegsgefallenen gewidmet. Später wurden auch auf natürlichem Weg Verstorbene hier beerdigt.

Das prominenteste Grab ist wohl das von Nico, der Velvet Underground Sängerin, die hier 1988 neben ihrer Mutter Margarete Päffgen beerdigt wurde. Der bürgerliche Name von Nico lautete Christa Päffgen. Noch heute pilgern hier Fans her, die Blumen, Fotos oder andere Gedenkstücke auf dem Grab ablegen. Nico starb 1988 auf Ibiza an einer nicht erkannten Hirnblutung, die sie nach einem Fahrradunfall erlitt.

Die Zukunft des Friedhofs ist ungewiss. Seit 2018 gab es hier keine Bestattungen mehr. 20 Jahre nach der letzten Bestattung kann ein Friedhof „entwidmet“ werden, d.h. der Platz kann dann für einen anderen Zweck verwendet werden. Pläne, was nach 2038 mit dem Friedhof passieren wird, sind noch nicht bekannt.

Hunde sind auf dem Friedhof offiziell nicht erlaubt und müssen draussen bleiben.

Adresse: Im Jagen 135/ Schildhornweg 33
(In der Nähe des Schildhornwegs und der Halbinsel Schildhorn)

Veröffentlicht von: Esther Nowack